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31.03.2011

Der Jugendmedienschutz Staatsvertrag 2011


aus dem Newsletter 1/2011 mit Update 03/2011

Es gibt wirklich gute Gründe, sich über die Änderungen der Vorlage zum Jugendmedienschutz aufzuregen, aber für die meisten Betreiber einer Internetseite wird sich zunächst keine konkrete Änderung ergeben.

 
Update 03/2011
Die Änderung des Staatsvertrages ist schon seit dem 16. Dezember 2010 vom Tisch. Die Regierungskoalition aus SPD und Grünen des Landes NRW haben erklärt, dass Sie der geplanten Änderung nicht zustimmen werden. Damit ist die notwendige Unterstützung aller Länderparlamente für die Änderung des Jugendschutz Staatsvertrages nicht mehr gegeben.

Das heißt aber nicht, dass es in absehbarer Zeit nicht doch zu Änderungen für die Betreiber von Internetseiten geben wird, denn diese Entscheidung gilt allgemein nicht als inhaltliche, sondern als politisch strategische Entscheidung. Sobald dies relevant werden sollte, werden unsere Kunden zeitnah über unseren Newsletterservice informiert.

Die bislang geplanten Änderungen hatten wir bereits Mitte Dezember allen Kunden mitgeteilt:


Wann tritt der neue Jugendmedienschutz Staatsvertrag (JMStV) in Kraft?

Im Moment sieht es so aus, als ob die letzten noch fehlenden Länderparlamente dem neuen Staatsvertrag bis Mitte Dezember zustimmen werden. In diesem Fall gilt das neue JMStV ab Januar 2011.

Was ist der zentrale Streitpunkt?

Der neue Vertrag sieht eine Kennzeichnungspflicht für Internetseiten mit einer Altersfreigabe vor.

Müssen alle Internetseiten zukünftig mit einer Alterskennung versehen werden?

Nein! Es gibt nur zwei Fälle in denen eine Kennzeichnung vorgeschrieben wird:
  1. Wenn Sie explizit Inhalte für Kinder ab 0 Jahren anbieten und gleichzeitig Inhalte veröffentlichen, die für Kinder ab 12 Jahre oder älter geeignet sind. Dann müssen Sie entweder diese Inhalte zukünftig deutlich voneinander trennen oder unterliegen der Kennzeichnungspflicht.
  2. Sie bieten Inhalte für die Altersgruppe ab 16 oder ab 18 an. Das war aber auch vorher schon so.

Meine Seite benötigt keine Alterskennung, muss ich noch etwas beachten?

Gemäß §7 Abs.1 müssen Anbieter jugendgefährdender Internetinhalte einen Jugenddatenschutzbeauftragten bestellen.

Dieser Beauftragte muss schnell erreichbar sein und über die entsprechende Fachkenntnis zum Thema Jugendschutz verfügen. Eine spezielle Ausbildung oder Fortbildung wird nicht gefordert. Mit diesem Artikel und den folgenden Quellen, sollten Sie eigentlich über die notwendige Fachkenntnis verfügen.

Werden nicht gekennzeichnete Seiten demnächst nicht mehr erreichbar sein?

Wenn vom Internetanwender ein Filter verwendet wird, der nur Seiten bis zu einer bestimmten Altersklassifizierung anzeigen soll, werden nicht gekennzeichnete Seiten nicht mehr angezeigt.

Allerdings bekommt ein Anwender für diesen Fall generell im Internet wohl nur noch wenig zu sehen. Denn nicht nur in Deutschland werden die meisten Internetseiten ohne Klassifizierung bleiben. Außerhalb Deutschlands wird sich niemand um unsere Insellösung scheren.
Aus gleichem Grund kann der von Vielen befürchtete zentrale Einsatz eines solchen Filters bei Providern ausgeschlossen werden.

Droht jetzt eine Abmahnwelle?

Abmahnungen wegen unlauteren Wettbewerbs sind nicht zu befürchten.

Das würde voraussetzen, dass die Kennzeichnung der Altersfreigabe für alle verpflichtend ist. Nur in diesem Fall würde sich derjenige einen Wettbewerbsvorteil verschaffen, der diese Kennzeichnung nicht vornimmt. Da diese generelle Kennzeichnungspflicht eben nicht besteht (s.o), existiert auch die Basis für eine Abmahnung nicht. Allerdings wird von manchen Beobachtern befürchtet das eine fehlende Angabe eines Jugendschutzbeauftragten (s.o.) zu Abmahnungen führen könnte. Allerdings ist ja dessen Benennung erst mit einer Kennzeichnungspflicht der Inhalte erforderlich.

Meine Seite enthält auch Inhalte von Dritten über Kommentare oder Bewertungen. Wie sieht es damit aus?

Auch hier gelten die oben genannten Regeln bezüglich der Alterseinstufung.

Dazu kommt, dass durch den Vertrag geltendes Recht nicht aufgehoben werden kann. Foren z. B. haften nicht für Einträge Dritter. Forenbetreiber müssen erst mit Meldung der Einträge entsprechend reagieren. Das wird zwar in § 5 Abs. 3 des JMStV etwas anders dargestellt, was aber wohl eher ein Zeichen für die schlechte Ausführung des JMStV ist.

Präsentationen die jedoch mit einer Alterseinstufung versehen wurden, sollten besonders komfortable Möglichkeit zur Meldung entsprechender Inhalte durch Dritte ermöglichen und auf Meldungen schnell reagieren.

Welche Folgen hat der neue Staatsvertrag sonst?

Vermutlich werden die praktischen Auswirkungen gering bis gar nicht spürbar sein.

Schwierig wird die Situation für Präsentationen, die eine Alterskennzeichnung benötigen. Hier herrscht einige Unklarheit in Bezug auf die richtige Einschätzung der notwendigen Alterskennung. Immerhin sind sich teilweise die offiziellen Gremien selbst in der Beurteilung mancher Inhalte uneinig. Ob das ein Seitenbetreiber immer richtig im Sinne der Jugendwächter macht? Auf der anderen Seite droht eine Strafe nur bei wiederholter und wissentlicher Fehleinschätzung oder nicht Deklarierung der Inhalte.

Für diese Anbieter entsteht tatsächlich einiger Wirbel für eine zweifelhafte Lösung, die teilweise auch an den ganz falschen Punkten ansetzt. Für Fernsehen und Rundfunk mögen die Bestimmungen ja ganz gut funktionieren, die Besonderheiten des Mediums Internet sind dagegen nur unzureichend berücksichtigt worden.

Quellenangabe:
Freiwillig Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter
Der Jugendmedien Staatsvertrag 2011 (PDF)
FAQs zum JMStV 2011

Wikipedia
Jugendmedienschutz-Staatsvertrag

blog.beck.de
Jugendmedienstaatsvertrag und Altersfreigabe im Internet von Prof. Dr. Thomas Hoeren

law blog
Blogger können leidlich gelassen bleiben von Udo Vetter

Heise Online
Blog macht wegen neuem Jugendschutzgesetz dicht

Spiegel Online
Weltfremder Staatsvertrag